Muttertag für unsichtbare Mütter

Für Mütter, die ein Kind hergeben mussten, ist der Muttertag auch ein sehr trauriger Tag, geprägt von ambivalenten Gefühlen voller Liebe und Schmerz. Beim Dank, der den Müttern gilt, zwischen Blumen und Pralinen, werden unsichtbare Mütter mit den ganz besonderen Herausforderungen und Belastungen ihrer Mutterrolle oft vergessen.


“Die allgegenwärtige Werbung verspricht einen Tag pur von Dankbarkeit und Glück. Tatsächlich ist der Muttertag für Mütter, deren Kinder während der Schwangerschaft, in oder nach der Geburt gestorben sind, zwiespältig und von ambivalenten Gefühlen geprägt. Wehmut über das, was sein könnte, wenn alle Kinder leben würden, die sich auf den Weg gemacht hatten, mischt sich mit Dankbarkeit für das, was sein konnte und für das, was ist. Nicht nur die lebenden Kinder machen einen zu Mutter und Vater. Unsere still geborenen Kinder begleiten uns auf unserem Lebensweg – für andere unsichtbar, für uns spürbar in unseren Herzen und Gedanken.”


Schwangere FrauZum Muttertag 2016 war Sonja mit Birla schwanger, sie dachte, “nun gilt der Muttertag auch für mich – eine schöne Vorstellung”. Doch es kam so anders als erwartet. Ihre Tochter starb in der Schwangerschaft und Sonja wurde Unsichtbare Mutter von Birla. In ihrer ersten Mutterrolle kam Sonja nicht dazu, nachts aufzustehen, um Birla zu stillen oder zu wickeln. Aber Sonja musste für ihre Tochter eine Entscheidungssituation ertragen und schließlich damit leben, dass ihre Tochter nicht ins Leben ging. Dieser Seite der mütterlichen Verantwortung und Belastung zu gedenken, dafür sollte der Muttertag Raum geben.

Zum diesjährigen Muttertag trägt Sonja ihre Tochter Birla für andere unsichtbar im Herzen, ihren Sohn sichtbar an der Hand und ein weiteres Geschwisterkind inzwischen deutlich sichtbar unter dem Herzen. Manchmal kommt es ganz anders und das Leben lässt aus schweren Erfahrungen Gutes erwachsen.


Zu früheren Muttertagen erinnert sich die Mutter von Lasse vor allem an die Dankbarkeit ihrer Mutter über ihre Kinder: “Ihr seid das Größte in meinem Leben”, sagte sie immer. Und als sie selbst dann ihren Sohn Lasse tot entbinden musste, war es für sie wie Mutter werden im Zeitraffer, wie unter der Lupe. Sie erlebte alles, was eine Mutterschaft ausmacht: Überwältigende Freude über die Erwartung eines Kindes, die Schwangerschaft, mit all den Sorgen. Kann ich das? Werde ich eine gute Mutter sein? Und sie erlebte die Ängste. Dass plötzlich alles ganz anders war und nichts in Ordnung. Schwere Entscheidungen mussten getroffen werden. Sie erlebte die Ohnmacht, musste zusehen und aushalten, dass Lasse einen ganz eigenen Weg geht und sie nichts daran ändern kann. Lasse starb und entschwand in eine ganz eigene Welt.


Babyhand_FingerEine Mutter erzählt, dass sie normalerweise ihre Mutter zum Muttertag anruft, eine Karte schreibt und Blumen mitbringt. Beim Gedanken an den nächsten Muttertag wird ihr bewusst: „Ich bin ja auch Mutter – und das schon seit ein paar Jahren! Nur mein erster Sohn wird mir keine Blumen bringen können“. Ihr Sternenkind kam in der 22. Schwangerschaftswoche auf die Welt. Sein Bruder ist mittlerweile ein halbes Jahr alt. Dass beide, der Zweitgeborene und sein Bruder vor ihm zur Familie dazu gehört, ist ihr auch besonders am Muttertag bewusst.