Wie reagieren die Anderen auf trauernde Mütter und Väter?

Im Flyer „Erste Hilfe, still geboren“ heißt es: „Sei auch darauf gefasst, dass manche Menschen nicht hilfreich reagieren, sondern womöglich unbedacht etwas sagen, das verletzt und aufwühlt.“ Mütter und Väter brauchen eigentlich einen Schutzmantel, wenn sie die Klinik verlassen und nach Hause gehen. Zu Hause ist alles wie vorher, aber in Wirklichkeit ist nichts mehr, wie es vorher war. Schon auf dem Weg scheint es, als gäbe es nur schwangere, glückliche Frauen, die ihre Kinderwagen schieben, am Handy sind und man gehört nicht mehr dazu. Besonders hart ist es, wenn dann Schwester, Mutter oder Freundin schon in der Begrüßung sagen: „Nehmt es nicht so schwer, das passiert schon mal, ihr seid ja noch so jung, ihr bekommt bestimmt noch viele Kinder.“

Das wirkt wie eine Berührungsangst mit diesem Leid. Man möchte das auf keinen Fall selbst erleben und es kommt zu einer Abwehrreaktion. Manchmal wurde es sogar selbst erlebt, aber man hat nie darüber gesprochen. Dieser frühe Tod ist noch schwerer auszuhalten, als der Gedanke an das Sterben überhaupt. Es ist gegen jedes Gefühl und gegen jede Erwartung, dass Kinder vor den Eltern sterben.


Dieses Schicksal trifft die Eltern in der Regel völlig unvorbereitet, es ist ein schwerer Schlag, wenn Kinder den Weg ins Leben nicht schaffen. Und dazu fehlt es oft in Krankenhäusern an allem, was in solcher existentiellen Situation gesagt und getan werden müsste. Außerdem wird man ziemlich schnell wieder nach Hause geschickt und bleibt mit allen Fragen alleine. Zurück zu Hause ist es irritierend und besonders hart, auf abwehrende Reaktionen zu stoßen. Wenn die Außenwelt so reagiert, als wäre gar nichts schlimmes geschehen, wird die eigene Verzweiflung und der Schmerz über diesen Verlust klein gemacht und abgewertet, als würde man sich anstellen. Dabei ist ein Familienmitglied gestorben, ein Lebensentwurf und eine Zukunft wurden gerade völlig zerstört. Eltern sind mitten in einen schwer fassbaren Verlust geraten, eben waren sie noch guter Hoffnung und stehen jetzt mitten im jähen Ende.

Sehr häufig entwickeln sich Schuldgefühle in der Mutter, als hätte sie etwas falsch gemacht, als hätte sie vorher merken müssen, dass etwas nicht stimmt und als hätte sie das Geschehene verhindern können. Das ist in der Regel nicht der Fall, trotzdem sind diese frühen Verluste so belastend. Mütter und Väter brauchen Zeit, sich zu orientieren, neu zurecht zu finden. Wenn im Außen abverlangt wird, sich zusammenzureißen, quasi das Geschehene zu verdrängen, legt das langfristig noch mehr Last auf.

Außenstehende sind selbst oft überrumpelt und hilflos und sagen deshalb völlig unpassendes. Manche Reaktionen sind unaufmerksam und achtlos. Das alles tut echt zusätzlich weh. Auch wenn es die anderen Begegnungen gibt, die herzensgut sind und wahrnehmen, was geschehen ist und einfach nur da sind. Da trauernde Eltern so manchen gut gemeinten Worten ausgeliefert sind, haben wir einige gesammelt. Auch wenn kein Satz mit Absicht verletzen will, wünschen wir uns doch mehr Achtsamkeit.


Es gibt Sätze, die eigentlich gar nicht gehen

„“Ihr seid noch so jung, ihr bekommt bestimmt noch viele Kinder.“

„Denken sie an ihre gesunden Kinder, immerhin haben sie doch schon ein Kind.“

„Es war doch noch eigentlich noch gar kein Mensch, es war noch so früh.“

„Die Zeit heilt alle Wunden.“

„Wieso hat es denn schon einen Namen, das tut doch dann noch mehr weh.“

„Es ist bestimmt besser so.“

„Du trauerst immer noch?“


Gut tut alles, was das kurze Leben des Kindes wertschätzt, als bedeutsam anerkennt, den Verlust ernst nimmt. Das sind Sätze, die gut tun:

  • „Es tut mir leid, ich weiß nicht, was ich sagen soll.“
  • „Womit kann ich helfen?“
  • „Bitte erzähl, was ist geschehen ?“
  • „Ich bin traurig mit euch. Das ist echt zum Heulen.“
  • „Habt ihr einen Namen für euer Kind?“
  • „Ich wünsche euch Kraft.“
  • „Habt ihr Familienähnlichkeit entdeckt?“
  • In den Arm nehmen, ohne etwas zu sagen. Ein stiller Händedruck.
  • Bereit sein, die Geschichte mehr als einmal zu hören; so oft, wie die Betroffenen es brauchen.
  • Erinnerungen teilen.
  • Im Alltag unterstützen: einkaufen, Essen kochen oder vorbeibringen, Geschwisterkinder betreuen.
  • Anbieten, mit zur Beerdigung zu kommen.
  • An den besonderen Tagen, wie Stichtag, Geburts- und Jahrestag, Weihnachten nachfragen, Karte schreiben…