Bestattung der ganz Kleinen – Abschied von Sternenkindern

Es ist sehr aufwühlend, wenn die Schwangerschaft vorzeitig endet. Wenn ein Kind nur kurz im eigenen Leben bleibt, hat sich dennoch in dieser Zeit körperlich und seelisch Vieles verändert. Vielleicht hat man schon von der Schwangerschaft erzählt. Die ersten 3 oder 4 Monate waren geschafft. Plötzlich ist alles ganz anders. Sie müssen Ihr Kind verabschieden und hatten vielleicht gar nicht richtig die Gelegenheit dazu. Es ist einfach so „abgegangen“. Angehörige und Freunde können sich oft nur schwer vorstellen, dass eine Fehlgeburt als großer Verlust erlebt wird. Betroffene Frauen mit Sternenkindern wissen, dass es so ist. Es braucht Zeit, sich wieder zusammen zu kriegen, Kraft zu sammeln, die Erlebnisse zu verarbeiten.

Es ist noch nicht so lange her, dass man annahm, es sei besser, der Mutter das tote Kind nicht zu zeigen und auch besser, dass es keinen Namen bekam. Man riet dem Paar, doch schnell wieder schwanger zu werden, das wäre die beste Medizin. Heute weiß man, dass die Dauer der Schwangerschaft nichts mit der Tiefe der Trauer zu tun hat. Da insbesondere Mutter und Kind, Vater und Geschwister nur eine sehr kurze gemeinsame und nicht öffentliche Vergangenheit hatten, wurde und wird die Schwere des Verlustes oft übersehen. Es braucht eine Weile, bis Mütter und Väter in der neuen Situation ankommen. Ein eigenes Grab zu haben, kann hilfreich sein. Herz, Seele und Körper brauchen Zeit, sich zurecht zu finden. Und es sollte kein zusätzlicher Schmerz entstehen, weil die Trauer sich nicht zeigen darf.

Mit dem Kind sein, es wahrnehmen, womöglich Familienähnlichkeiten zu finden, bedeutet in all dem Schmerz, das Kommen des Kindes zu würdigen und damit auch sich selbst. In unseren persönlichen Lebensräumen brauchen wir Platz für Trauer und Abschied, zum Erinnern und Gedenken.

Jedes Kind, unabhängig vom Geburtsgewicht, kann individuell bestattet werden.
Sie entscheiden über Ort, Gestaltung und Kosten.

Viele Friedhöfe bieten für die ganz Kleinen gegen Spende oder Gebühr in meist schön angelegten Kindergrabfeldern eine individuelle Erd-Beisetzung an. Jedes Kind hat ein eigenes kleines Grab, wie z.B. in Hamburg im „Lichtergarten“ Friedhof Bramfeld, der „Ort der unvergessenen Kinder“ Friedhof Groß Flottbek oder das Feld der Möwe Friedhof Rahlstedt. Es muss nichts schnell gehen, sich Zeit lassen ist wichtig.

Oft genügt eine kleine Schachtel. Scheut euch nicht, Hand anzulegen – persönliches und individuelles Gestalten tut gut. Werdet selbst wirksam, damit bewegt ihr etwas in eurem Innern, gegen die erlebte Ohnmacht. Es ist schwer auszuhalten, das man nichts aufhalten konnte. Aber ihr könnt noch etwas für euer Kind tun: Eurem Kind einen Namen geben (auch jetzt, in diesem Moment, es ist euer Kind!) und einen Ort finden, damit sein Leben würdigen, wahrnehmen miteinander im Hier und Heute und in der Liebe ankommen, sein Gekommensein sichtbar machen.


Einen eigenen Erinnerungsort

Wenn ein Kind stirbt, fallen wir ins Bodenlose. Wir sind ohnmächtig, zweifeln an uns selbst. Es tut gut, für sein Kind einen eigenen, persönlichen Ort zu haben. Alles, was geschehen ist, ist total persönlich. Wir brauchen Platz für Trauer und Abschied und Erinnerungsorte.

Das Kind sichtbar machen

Erst, wenn ich weiß, um wen ich trauere, kann die Liebe sich entfalten und ich kann Abschied nehmen. Persönliche Gesten, Rituale, eine kleine, liebevoll gestaltete Trauerfeier wird helfen, im eigenen neuen „ist“ anzukommen. Es ging alles so schnell. Meist gab es wenig Zeugen für das Dagewesensein des Kindes.

Persönlich gestalten

Dieser Verlust ist persönlich und existentiell, geht ans Herz und unter die Haut. Jeder hat Zeit, die eigene Form der Gestaltung zu finden. Kinder können in einer Kühlung darauf warten, bis alles bereit ist. Die wenigen gemeinsamen Momente sind kostbar und werden helfen, im eigenen Tempo auf dem Weg der Trauer zurück ins Leben zu finden.


Nicole fand diese Worte zum Ort ihrer Tochter Emma

„2011 verlor ich meine Tochter Emma in der 28. Schwangerschaftswoche nach einem langen Weg im Krankenhaus. Ständiges Liegen, Eingriffe im Bauch, Angst und Hilflosigkeit. Mit einem Blasensprung kam Emma zur Welt und starb nach einigen Stunden. Seitdem gehört der Friedhof in meinem Alltag, denn dort hat Emma ihr Grab. Wir fanden den Gedanken schön, dass Emma ihr eigenes Grab in einem Kindergrabfeld hat und so nicht alleine ist.

Ich weiß, dass für viele Menschen der erste Blick auf ein Kindergrabfeld erschreckend ist. Ging mir anfangs auch so. Doch dieser Ort ist für mich zu Emmas spezieller Adresse geworden. Ein vertrauter Ort, den ich mit meiner Liebe für sie im Herzen anschauen kann. Hier fühle ich mich ihr sehr nahe und wir haben eine besondere Verbindung, die ich immer wieder spüren kann. Es ist die Liebe, die hilft. Das ist ganz schön paradox, ich weiß.“

Eine Rakete für Emma

Emmas Großeltern bangten mit ihrer Tochter, weil es Woche für Woche fraglich blieb, ob Emma es schaffen würde. Opa Peter war zutiefst traurig, dass seine Enkelin Emma nicht im Leben bleiben konnte. Seine Trauer trug er mehr nach Innen. Doch zu jedem Jahreswechsel an Silvester bastelte er eine besondere Rakete für Emma. Opa Peter schrieb ihren Namen darauf, entzündete sie und ließ sie in den Himmel sausen. Davon machte er Fotos. Und die Bilder von den Grüßen in den Himmel für Emma schickte er dann seiner Tochter.

Als Emmas Opa unvermittelt im Dezember 2019 starb, war das ein schwerer Schlag für die ganze Familie, aber besonders für Emmas Oma. In all dem Unglück gab es ein kleines bisschen Glück. Emmas Familie fand nur ein paar Reihen von Emmas Grab entfernt eine Grabstelle für ihren Opa. Nun treffen sich Emmas Mama und ihre Oma regelmäßig dort, sitzen auf der Bank, haben eine Thermoskanne mit Kaffee dabei, manchmal ein Brötchen und verbringen Zeit bei ihren beiden Lieben.