Entstehung der „Unsichtbaren Eltern“

Pastorin Birgit Berg hat in ihrer Arbeit als Krankenhausseelsorgerin sowie als Pastorin des Friedhofspfarramtes in Hamburg viele Eltern begleitet, die ein Kind hergeben mussten. Der frühe Verlust eines Kindes, vor allem in der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt, macht Mütter und Väter zu „unsichtbaren Eltern“, denn ohne sichtbares Kind werden diese Eltern oft gar nicht als solche wahrgenommen. Pastorin Berg setzte sich dafür ein, diesen Eltern Raum zu geben, ihr Elternsein und ihre Kinder mit all der Liebe und all dem Schmerz sichtbar zu machen, Begegnung und Austausch zu ermöglichen. Das ließ Zusammenkünfte betroffener Eltern entstehen. Über diese Treffen sind über die Jahre feste Veranstaltungen von, mit und für unsichtbare Eltern, ihre Familien, Freunde und Trauernde gewachsen. Das sind der seit 2009 jährlich angebotene Gedenkgottesdienst für früh verstorbene Kinder, zunächst in der Kirche St. Gabriel-Barmbek, seit 2014 dann auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Außerdem auf dem Friedhof Bramfeld eine jährliche Lichterandacht zum Weltkindergedenken im Dezember und Veranstaltungen im Rahmen der Hamburger Nacht der Kirchen im September.  

 

„Mir ist es ein Herzensanliegen“, sagt Birgit Berg, „dass Mütter und Väter für sich einen neuen, inneren Raum finden. Denn diese Veränderung ist so groß. Plötzlich ist alles ganz anders als vorher. Sveas Mutter fand Worte für die Erfahrung, ohne Kind wieder nach Hause zu kommen. Zu Hause sei alles gleichgeblieben, gleichzeitig ist alles ganz anders und man passt nicht mehr in sein altes Leben. Es gibt Bilder, die jetzt nicht mehr passen. Vorstellungen, wie es sein wird mit Kind, lösen sich nicht ein. Der Aufbruch in eine Zukunft mit Kind wird abrupt beendet. Ein Kinderzimmer ist manchmal schon da, damit muss man nun umgehen. Es geht darum, diesen Raum, in den man sein gestorbenes Kind im Herzen mitnimmt, für sich anzunehmen, zu gestalten, das neue „Ist“ anzuerkennen. Es hilft sehr, für sich als unsichtbare Mutter/Vater und für das Kind einen liebevollen und würdigen Platz zu finden. Auch dieses Kind macht sie zu Mutter und Vater. Dies alles zu spüren und mit persönlicher Gestaltung zu füllen, darum wird es in der Zeit vor und nach der Geburt gehen.“ 


Entstehung des Herz-Logos der Unsichtbaren Eltern

Völlig ungeplant entstand 2011 im Raum der Stille der Klinik Barmbek das Herz-Logo aus der Bodenbildgestaltung „Woran unser Herz hängt“. Birgit Berg, zu dieser Zeit Krankenhausseelsorgerin dort, hatte drei Elternpaare dazu eingeladen und die Bodengestaltung angeleitet. So entstanden die Herzens-Orte für Emma, Clara, Svea mit ihren drei Sternengeschwistern sowie für zwei weitere Sternenkinder.

Bodengestaltung „Woran unser Herz hängt“

Birgit Berg beschreibt die damalige Bodengestaltung:

Wir gehen flott durch die Mitte, hin und her. Bis wir etwas aus der Puste sind. „Wo spürt ihr euer Herz?“. Wir spüren den eigenen Herzschlag eindeutig am Hals, am Puls, an der Schläfe, schließlich im Herz selber. „Dieser Muskel arbeitet für uns, Tag für Tag, Stunde für Stunde und hält uns am Leben.“ Wir machen den Herzschlag nach mit den Händen, dann formen wir mit den Händen ein Herz, schauen uns reihum dadurch an. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ (Antoine de Saint-Exupéry, aus: Der Kleine Prinz). Dann fassen wir uns an den Händen und versuchen gemeinsam eine Herzform zu sein, wir brauchen einander für die Herzensbildung. Wir sitzen dann wieder im Kreis. Zwei Leute bekommen ein weißes, gefaltetes Tuch und sollen damit einen Kreis auf dem Boden in unserer Mitte legen. Als nächstes bekommen drei Leute jeweils ein rotes Tuch und sollen ein Herz damit bilden und es in die Mitte auf den weißen Kreis legen.

„Welche Sätze kennen wir, in denen es um das Herz geht?“ Ein Herz kann groß sein und weich, es kann rein sein und aus Gold, ein Herz kann kalt sein, wir kennen ein gebrochenes Herz, ein edles Herz, ein Herz kann hart sein, aber auch fröhlich, manchmal liegt einem ein Stein auf dem Herzen, wir kennen Herzklopfen und Herzschmerzen, haben Herzeleid und manchmal ist ein Herz verschlossen, wir begegnen Herzensmenschen, ein Herz kann offen sein, manchmal trägt jemand sein Herz auf der Zunge, wir können Jemanden im Herzen tragen und wir können jemanden ins Herz schließen.

Nun wird jemand gebeten, der Kerze im Herzen einen Platz zu geben. „Ohne Herz haben wir keine Mitte.“ Eine andere Person bekommt Feuer, um sie anzuzünden.

„Jeder findet irgendwann in seinem Leben eine Orientierung, manchmal sind es besondere Menschen, manchmal ein Glaube, manchmal eine Philosophie. Für Viele ist Jesus ein besonderer Mensch, von ihm sagt man: er hatte ein besonders großes und weites Herz.“  Unser Herz ist in unsere Mitte. An der Seite zum Herzen sind die Arme und Hände angelegt, das ist aus dieser Sicht kein Zufall. Vielleicht sagen wir deshalb auch: „Man spürt, was von Herzen kommt.“ oder, „Jemand handelt vom Herzen her“ oder, „Man nimmt sich etwas zu Herzen“. Wir brauchen unser Herz, unsere Hand, unseren Verstand für unsere Herzensbildung. Was in unserem Herzen Gestalt angenommen hat, bewegt uns ins Leben, woran unser Herz hängt, wird Wegweiser.

Jeder hier im Raum hat ein Herz gefüllt mit unterschiedlichsten Erfahrungen von Verlust, mit großer Liebe und unendlichem Schmerz. „Jetzt ist Raum, einen Platz zu gestalten, für euch, euer Herz, eure Mitte, woran euer Herz hängt, wer da drin euch besonders nahe ist. Lasst euch Zeit für Gedanken und Gefühle, nehmt euch so viel ihr braucht von den Materialien, die hier in kleinen Körbchen und Schachteln für euch bereit liegen.“