Wer ein Kind noch in der Schwangerschaft, bei oder nach der Geburt hergeben musste, wird von außen – oft sogar bei Verwandten, Freunden und Bekannten – gar nicht als Mutter oder Vater wahrgenommen. Der frühe Verlust des Kindes macht uns Mütter und Väter zu unsichtbaren Eltern. Denn ohne sichtbares Kind werden wir nicht als Mutter oder Vater gesehen. Diese Unsichtbarkeit macht auch in der Gesellschaft einsam. Und selbst für andere unsichtbare Mütter und Väter um uns herum bleiben wir oft unsichtbar. Erst durch das Sprechen über unsere unsichtbaren Kinder geben wir uns den anderen zu erkennen und werden für einander sichtbar.
Alle haben ganz unterschiedliche Erfahrungen in ihren Verlusten gemacht. Jeder Verlust ist persönlich und individuell und doch gibt es eine gemeinsame Erfahrung. In der Gemeinschaft mit anderen Unsichtbaren Eltern ist ein tiefes Verstehen ermöglicht, ohne, dass man viel erklären muss. Der Tod am Anfang des Lebens verändert nachhaltig das Leben für die hinterbliebenen Mütter, Väter und Familien. Doch die tiefe Wunde wird von Außenstehenden leicht übersehen.
Deshalb sind wir hier, um sichtbar zu machen, was leicht übersehen wird.
Wir wollen Raum schaffen für die Liebe zu unseren Kindern;
für Trauer, Trost, Erinnerung.
Sichtbar, hörbar, lesbar, fühlbar.
Für Informationen und Austausch und um Mut zu machen.
„Unsichtbar“
Die Begriffserklärung sagt Folgendes: Unsichtbarkeit ist jener Zustand, in dem ein Gegenstand, eine Substanz oder eine Strahlung für das menschliche oder tierische Auge nicht wahrnehmbar ist. Bei der Unsichtbarkeit im engeren Sinne handelt es sich um physikalische Umgebungsbedingungen, unter denen ein normalerweise sichtbarer Gegenstand für Menschen nicht mehr erkennbar ist.
So etwas erfahren Eltern, deren Kinder für andere nicht sichtbar sind, wenn sie unter Menschen sind. Die Umgebungsbedingungen für trauernde Eltern sind leider oft so, dass ihr Verlust, ihr Schmerz, ihre Beklommenheit und Zurückhaltung, nicht wahrgenommen werden. Selbst, wenn das Gegenüber davon weiß.
Entstehung der Unsichtbaren Eltern
Pastorin Birgit Berg hat in ihrer Arbeit als Krankenhausseelsorgerin sowie als Pastorin des Friedhofspfarramtes in Hamburg viele Eltern begleitet, die ein Kind hergeben mussten. Aus Zusammenkünften dieser Eltern entstanden die „Unsichtbaren Eltern“. Treffen und Veranstaltungen zum Tod am Anfang des Lebens folgten. Das Herzlogo der Unsichtbaren Eltern entstand 2011 bei einer gemeinsamen Bodengestaltung mehrerer Eltern, die darin die Herzensorte für ihre Kinder gestalteten.
Unsichtbare Mütter und Väter
Wir möchten sichtbar machen, was oft im Verborgenen bleibt. Unsere Erlebnisse, Gedanken und Gefühle als unsichtbare Mütter und Väter teilen. Von unseren Kindern und unserer Geschichte erzählen. Jeder Verlust ist einmalig. Wie jedes Kind einmalig ist. Und doch gibt es im Erlebten Parallelen, ähnliche Erfahrungen und vor allem viel Verständnis, wie es wohl nur durch andere unsichtbare Eltern möglich ist.
Pastorin Birgit Berg
Als Krankenhausseelsorgerin begleitete Birgit Berg viele Jahre Mütter, Väter, Geschwister und Mitarbeitende in der existenziellen Not, wenn Kinder vor, unter oder kurz nach der Geburt sterben. Sie wirbt darum, in unserem Leben mehr Platz zu lassen für Trauer und Abschied. Sie sagt: „Wir sind zerbrechlich, und es sterben auch die, die wir liebhaben und leider manchmal auch Kinder. Wenn der Tod in unser Leben greift, wenn Kinder in der Schwangerschaft sterben, braucht es unsere Beteiligung und Gestaltung für den Abschied, denn das hilft.“